In jedem gerichtlichen Verfahren, gleich welcher Art, werden Sie als Zeuge darüber belehrt, vor Gericht die Wahrheit sagen zu müssen. Eine Falschaussage wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft (§153 StGB).
Die Ermahnung zur Wahrheit gilt nicht nur für Ihre Aussage als Zeuge vor Gericht. Der Gesetzestext spricht auch von „anderen zur eidlichen Vernehmung zuständigen Stellen“. Dies ist beispielsweise der Untersuchungsausschuss im Bundestag, nicht jedoch die Polizei oder Staatsanwaltschaft. Wer also dort nicht ganz die Wahrheit sagt, macht sich nicht wegen Falschaussage (Falsche uneidliche Aussage) strafbar. In Betracht kommen hier aber andere Straftatbestände, wie zum Beispiel die „falsche Verdächtigung“ gemäß §164 StGB, die Verleumdung gemäß §187 StGB oder die üble Nachrede gemäß §186 StGB.
Der Straftatbestand der Falschaussage schützt nicht die persönlichen Interessen, sondern dient der sogenannten staatlichen Rechtspflege. Hiermit ist das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung, in erster Linie natürlich im gerichtlichen Verfahren, gemeint.
Doch wann ist eine Aussage falsch?
Hierzu gibt es viele Theorien. Eine Theorie besagt, dass eine Aussage falsch ist, wenn man nicht das sagt, was man weiß. Andere behaupten, eine Aussage ist dann falsch, wenn sie nicht dem entspricht, was wirklich passiert ist. Andere wieder sagen, eine Aussage ist dann falsch, wenn der Zeuge seine Pflicht verletzt ernsthaft über seine Aussage nachzudenken und einfach etwas behauptet. Man spricht hier auch von einer „Aussage ins Blaue hinein“.
Sind Sie also fest davon überzeugt, dass der Pullover des Täters bei der Tat blau gewesen ist, er tatsächlich aber ein weißes Hemd trug, machen Sie sich dann nicht strafbar, wenn Sie ernsthaft darüber nachgedacht haben, was der Täter zur Tatzeit trug und glauben zu wissen, dass der Pullover tatsächlich blau gewesen ist. Zwar würde Ihre Aussage (blauer Pullover) nicht der Wirklichkeit entsprechen (weißes Hemd), der Straftatbestand wäre aber deshalb nicht erfüllt, weil Sie nicht bewusst gelogen haben. Hier entfällt der sogenannte Vorsatz, der für die Strafbarkeit erforderlich ist. Sind Sie sich jedoch unsicher und wissen nicht mehr was der Täter trug, dann sagen Sie, dass Sie sich nicht mehr erinnern können. Keinesfalls wird als Zeuge von Ihnen erwartet, dass Sie auf jede Frage eine Antwort haben.
Nicht alles was Sie vor Gericht falsch oder wider besseren Wissens aussagen, kann gleich wegen falscher uneidlicher Aussage bestraft werden. Im Zivilprozess beispielsweise beschränkt sich Ihre Aussage auf einen bestimmten Vernehmungsgegenstand. Was der Vernehmungsgegenstand ist, wird Ihnen vom Gericht durch eine Zeugenladung mitgeteilt. Alle Fragen rund um dieses Beweisthema sind von Ihnen entsprechend Ihrer Wahrheitspflicht zu beantworten. Wahrheitsgemäß beantworten müssen Sie dabei auch immer alle Angaben zur Ihrer Person (Vornamen und Zunamen, Alter, Stand oder Gewerbe und Wohnort).
Sind Sie als Zeuge eines Verkehrsunfalls geladen und werden Sie von einem der Verfahrensbeteiligten zu einem völlig anderen Thema befragt, ist eine Falsche Angabe hierzu nicht strafbar, denn ihre Antwort fällt nicht unter Ihre gerichtliche Aussage, zu der Sie vernommen werden sollen.
Gestattet sind allerdings Fragen, die Aufschluss über Ihre Glaubwürdigkeit geben. Hierzu zählt insbesondere Ihre Beziehung zu den Parteien (im Zivilprozess) oder dem Täter (im Strafprozess).
Sind Sie Zeuge in einem Strafverfahren so betrifft Ihre Aussage die ganze, in der Anklage bezeichnete Tat. Auch hier ist die Tatbezeichnung in Ihrer Ladung angegeben.
Kann ich mich wegen falscher uneidlicher Aussage strafbar machen, wenn ich einfach nichts sage?
Die Antwort lautet Jaein. Verweigern Sie Ihre Aussage komplett, machen Sie sich nicht strafbar. Denn wer gar nicht aussagt, sagt auch nicht falsch aus.
Sagen Sie jedoch aus und lassen bewusst Tatsachen aus, ist Ihre Aussage unvollständig und damit falsch.
Sie haben die Möglichkeit Ihre zunächst falsche Aussage noch während ihrer Vernehmung im Zeugenstand zu berichtigen, um Straffreiheit zu erzielen. Ist Ihre Aussage jedoch beendet und sind Sie aus dem Zeugenstand entlassen, ist der Tatbestand der uneidlichen Aussage erfüllt.
Wegen falscher uneidlicher Aussage kann sich also der Zeuge oder der Sachverständige vor Gericht strafbar machen, nicht aber der Angeklagte im Strafverfahren oder die Partei (Kläger oder Beklagter) im Zivilverfahren. Gleichwohl haben die Parteien im Zivilverfahren die Pflicht die Wahrheit zu sagen. Der Vortrag der Partei ist aber keine „Aussage“ und fällt deshalb nicht unter den Straftatbestand. Wer als Partei im Prozess lügt, kommt aber auch nicht ungeschoren davon, in Betracht kommt hier die Strafbarkeit wegen Prozessbetrug.